Sportbunds Mitarbeiter: Sarah Kornau (6)

Eine einzigartige Geschichte – Sarah Kornau und der DJK Sportbund Stuttgart!

Mit Sarah Kornau haben wir einen sehr interessanten Menschen in den Sportbund-Reihen. Sie ist beim Sportbund schon seit vielen Jahren ein bekanntes Gesicht und hat dem Verein an vielen Stellen geholfen, ist zudem seit einigen Monaten im Ehrenamt Integrationsbeauftragte des Vereins. Sarah zeichnet ihr Kampfgeist und ihre Mentalität aus, weshalb sie auch zu den wichtigen Sportbund-Persönlichkeiten gehört. Die Sportbund-Familie war für Sarah immer ein Stütze. Wie der Sportbund ihr Leben beeinflusst hat, könnt ihr auf der nächsten Seite lesen!

Wie bist du zum DJK Sportbund gekommen?

Der DJK Sportbund Stuttgart ist „mein Verein“ und sowas wie ein Familie für mich. Meine Freundin Veronika Deutsch hat mich in meiner Jugend damals vom SV Sillenbuch aus zu einem wöchentlichen Bezirkskadertraining mitgenommen, das Thomas Walter in der Berger Halle leitete. Das hat mir gefallen. Es war „richtiges Training“ und ich habe viel gelernt. So richtig gut war ich zwar nicht, aber ich habe mich voll reingekniet. Nach einer Weile habe ich dann an mehreren Tagen beim Sportbund trainiert und bald auch zusammen mit meiner Freundin, Teamkollegin und der absolut besten Doppelpartnerin Vero eine Trainingsgruppe mit Kids im Alter von 5 bis 9 Jahren betreut.

Als bei meiner Mädchenmannschaft des SV Sillenbuch die Motivation und auch die Spielerinnen immer mehr schwanden, bin ich dann zum SV Neckarweihingen in die Verbandsliga der Mädchen gewechselt. Eine Mädchen- oder Damenmannschaft gab es damals beim Sportbund leider noch nicht. Trainiert habe ich aber weiterhin überwiegend beim SB. Zu diesem Zeitpunkt war ich die einzige weibliche Spielerin beim Sportbund.

Was sind für die die positivsten Erlebnisse beim Sportbund gewesen? (Teil 1) – Erinnerung an meine Jugendzeit beim SB

Bei einem Turnier durfte ich sogar mal mit Dauud Mixed spielen. Wir haben damals den dritten Platz geholt. Viel cooler aber war alles um das Turnier herum. Die Stimmung im Sportbundteam und auch, dass Vero und ich ganz spontan mit anderen Sportbundlern in einer Scheune übernachteten. Man war das kalt in der Nacht. Am nächsten Morgen warteten wir an der Scheune leider vergeblich darauf, abgeholt zu werden. Scheune und  Spielhalle waren dummerweise nicht in einem anderen Ort. Da ich eine gute räumliche Orientierung habe, lotste ich dann die ganze Übernachtungs-Truppe wieder zur Sporthalle. Das allerdings mit allen Umwegen, die wir am Vortag gefahren waren.

Überhaupt waren solche Ausflüge zu Turnieren oder ins Trainingslager immer etwas ganz Besonderes. Wir, die East-End-Rats, haben zusammengehalten. Die Stimmung war genial und manchmal haben wir auch einen Kameraden „zum Sieg geschrieen“. Besonders wenn eine andere Mannschaft unfair war. Dabei haben wir aber darauf geachtet, uns an die Regeln zu halten, denn das war Ehrensache.

Der Wechsel zum DJK Sportbund Stuttgart

Als ich 17  und zu alt für die Mädchen war, wurde dann beim Sportbund eine Damenmannschaft neu gegründet, die quasi um mich herumgebaut wurde. Damals mit Argentina Birlan, Sandra Ulmer und Silke Kuhnert – soweit ich mich erinnern kann. Das war die erste Damenmannschaft beim Sportbund nach langer Zeit.

So nach und nach kamen immer mehr Spielerinnen dazu. Es wurden weitere Mannschaften gegründet. Immer wieder startete ich mit einer neuen Mannschaft in einer der unteren Ligen, wir stiegen auf und irgendwann verabschiedete mich dann wieder in eine weitere neue Mannschaft nach unten. So habe ich bereits mit vielen der Sportbund-Damen irgendwann in einer Mannschaft gespielt.

Trainerin beim DJK Sportbund Stuttgart

Auch die ersten Schülerinnen und Mädchen beim Sportbund habe ich begleitet. So beispielsweise die Knirpse Jasmin Hagdorn (damals Leonberger), Jana und Julia, die mit ihren sechs / sieben Jahren in den allerkleinsten SB-Trikots quasi in Kleidchen spielten, unglaublich niedlich aussahen, aber den zum Teil zehn Jahre älteren Mädchen der damals altersgemischten Stuttgarter Schülerinnen-und-Mädchen-Liga zeigten, wie Tischtennis geht.

Oder die erste Mädchen-Trainingsgruppe und bald auch die erste reine Mädchenmannschaft, die aus einer von mir organisierten Schulaktion mit dem Zeppelin Gymnasium heraus entstand.

Begonnen habe ich als Hilfs-Trainerin bei den Minis. Kids im Alter bis 9 Jahren, die zuvor bei der Minimeisterschaft gesichtet wurden. Bald wurde die zunächst recht große Gruppe geteilt. Vero und ich übernahmen eine der neuen Mini-Gruppen.

Auch Hassan Hosseini, den bestimmt noch einige von Euch kennen werden, hat als damals 5-Jähriger in dieser Gruppe seine ersten Bälle übers Netz gespielt.

Das Training mit den Kiddies und Jugendlichen hat mir sogar so gut gefallen, dass ich über Mathe-Nachhilfe (u.a. anhand von Tischtennisbällen) eine Laufbahn als Lehrerin einschlug.

Ein krasser Einschnitt

Nach nur wenigen Einsätzen in der Landesligamannschaft und nach nur wenigen Wochen der neuen Saison, änderte sich mein Leben schlagartig.

Eine vermeintliche „leichte Magen-Darm-Grippe“ – wie ich zunächst dachte – war es nicht. Im November 2014 hatte ich ein akutes Leberversagen. Warum? Das ist bis heute nicht klar.

Alles ging ganz schnell. Freitags habe ich noch ganz normal unterrichtet, am Wochenende habe ich fast 40 Stunden am Stück geschlafen, am Montag war ich knallgelb und Montagabend kam ich ins Krankenhaus Nürtingen. Nur wenige Stunden später wurde ich auf die Intensivstation der Uniklinik Tübingen verlegt. Drei Tage später lag ich im Koma und es war klar, nur eine passende Spenderleber kann mein Leben retten, wenn sie noch rechtzeitig kommt. Ich selbst habe kaum noch etwas mitbekommen. Zuletzt kann ich mich daran erinnern, dass ich das Gefühl hatte, zu ersticken. Ich wollte nicht gehen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich keine Kraft mehr habe.

Mein zweites Leben

Ich habe es geschafft! Am Sonntagmorgen bekam ich eine Spenderleber. Ohne hätte ich den nächsten Tag nicht mehr erlebt. Einige Tage später erwachte ich aus dem Koma. Ich lernte zu sitzen, wieder zu gehen und durfte an Heiligabend nach Hause.

Trotz vielen Komplikationen in den folgenden Wochen, Monaten und Jahren war und bin ich unendlich glücklich und dankbar, dass ich lebe!

Mein Leben ist nicht mehr wie davor und immer wieder musste ich es neuen Gegebenheiten anpassen, aber trotz allen schwierigen Phasen, möchte ich keinen Tag davon missen.

„Nach einer Transplantation ist man nicht geheilt, man ist nur gut therapiert“ sagte mal ein Arzt. Ich kenne viele Transplantierte, denen es gesundheitlich richtig gut geht, aber eben auch einige, die eben nicht „gesund“ sind.

Was sind die positivsten Erlebnisse für dich beim Sportbund gewesen? (Teil 2) – Sportbund, wie eine Familie!

Etwa ein halbes Jahr nach meiner Transplantation habe ich wieder angefangen vorsichtig Tischtennis zu spielen. Die Mannschaftsführerinnen der 1. und 2. Damen vom VfL hatte ich noch vom Krankenhaus aus informiert, trotzdem wusste irgendwie noch keiner Bescheid.

Damen 4 VorrundeGanz anders war das beim Sportbund. Über unglaubliche Umwege, verbreitete sich die Nachricht binnen weniger Tage unter den Sportbundlern. So stand trotz Besuchs- und Informationssperre seitens der Klinik auf einmal Claudia Büttel voll ausgerüstet mit Schutzkleidung in meinem Zimmer, um nach mir zu sehen. Ein Video der gesamten Damen-Truppe, in dem sie mir „gute Besserung“ wünschten und zuletzt alle total emotional durcheinanderredeten, erreichte mich auf dem Handy, ebenso wie viele andere Nachrichten, Karten und Grüße. Das war unglaublich überwältigend und zeigte mir so deutlich, wie wichtig ich der Sportbund-Familie und sie mir sind.
Ganz klar, dass der Wechsel zurück zum nächstmöglichen Termin fix war.

Was sind die positivsten Erlebnisse für dich beim Sportbund gewesen? (Teil 3) – Sportbund, auch im Rolli willkommen und voll integriert

Die Zeit nach der Leber-Transplantation (kurz: LTX) war nicht immer ganz einfach. Immer wieder kam es zu Komplikationen. Immer wieder musste ich mein Leben neu anpassen.
So stellte sich auch heraus, dass die Mittelfußfrakturen im Frühjahr, Sommer und Herbst 2016 nicht einfach von einer Überlastung beim Sport und der anschließenden Überbelastung bei der Schonung des jeweils anderen Fußes herrührten. Sie waren eine weitere Komplikation nach LTX, Auswirkungen von Medikamenten und der leider eingeschränken Leberfunktion. Es folgten viele Gehversuche, viele weitere Frakturen, Ödeme und Microfrakturen und auch die Muskulatur baute stetig ab.

Im Frühjahr 2017 war klar, dass ich zu den Deutschen Meisterschaften der Transplantieren und Dialysepatienten nicht wieder stehend spielen können werde. Auch die Teilnahme an den World Transplant Games im Sommer war in Gefahr. Dabei hatte ich doch im Vorjahr bei den Europameisterschaften in Finnland dreimal Gold im Tischtennis Einzel, Doppel und Mixed gewonnen.

Einer verrückten Idee folgend, fragte ich bei Thomas und Stefan an, ob ich auch mit Rolli ins Training kommen darf. Nicht nur, dass meine Teilnahme am Training ob mit oder ohne Rolli überhaupt nicht in Frage gestellt wurde. Schnell waren auch ein Transponder für den Aufzug und ein Schlüssel für die Umkleide organisiert. Damit hatte ich nicht gerechnet!
Als ich dann ins Training kam, wurde ich freudig empfangen und sofort eingebunden. Das war keine Integration. Das war gelebte Inklusion, denn ich war einfach ganz selbstverständlich dabei. Wenn ich am Tisch stehe und mit oder gegen Fußgänger spiele, nehme ich gar nicht mehr wahr, dass ich im Rolli bin. Ich bin einfach ein Teil vom Sportbund.

Bei den World Transplant Games holte ich übrigens im Damen Einzel F3 als einzige Rollifahrerin unter Fußgängern einen unglaublichen 3. Platz.
Inzwischen bin ich, wie die meisten Rollis, in einem Rolli-Verein gemeldet, nehme – sofern meine Gesundheit es zulässt – auch an speziellem Para-Training sowie an nationalen und internationalen Para-Tischtennis-Turnieren teil. Gleichzeitig darf ich aber auch weiterhin in meinem Fußgängerverein spielen.

Gibt es etwas, was du dir wünschen würdest, was der Sportbund besser machen könnte?

Beim Sportbund wird Inklusion bereits in vielerlei Hinsicht wirklich gelebt.

Da ich nun seit ein paar Jahren selbst Einblicke in die Welt des Para- und Reha-Tischtennis habe, habe ich mir natürlich gerade in Hinblick auf Inklusion von Menschen mit körperlichem oder geistigem Handicap Gedanken gemacht. Hier sehe ich beim Sportbund noch Entwicklungspotential. Da ich inzwischen zur Integrationsbeauftragten gewählt wurde, habe ich die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Leider ist es bei mir gesundheitlich momentan mal wieder etwas schwierig, deshalb kann und konnte ich bisher noch kaum Ideen umsetzten. Grundsätzlich habe ich aber gemerkt, dass ich da auf offene Ohren stoße. Wenn Du also eine Idee, Wünsche oder Fragen hast, freue ich mich über eine Nachricht!

Kleiner Zusatz: Zum Para-Tischtennis zählen übrigens auch Menschen mit leichteren Handicaps wie zum Beispiel Diabetes bei jungen Leuten oder einer diagnostizierten Lernschwäche. Da gibt es sogar Wettkämpfe. In diesen beiden Fällen wäre das die Para-Wettkampfklasse AB.

Dass man auch Tischtennis spielen kann, wenn man „nicht einmal“ den Schläger halten kann, haben viele ja bei den Inklusions-Regio-Cups erlebt, die in den letzten beiden Jahren vom Sportbund organisiert wurden und an denen ich in er organisation mithelfen durfte.

Wenn Ihr selbst betroffen seid oder jemanden kennt, können wir uns gerne austauschen.

 

Die Geschichte von Sarah ist in vielerlei Hinsicht beeindruckend! Wir sind sehr stolz darauf, dich als Mitglied, Kameradin und Freundin beim Sportbund zu haben! Vielen Dank für alles was du für uns gemacht hast und natürlich gesundheitlich alles Gute!

DJK-Rulez!

 

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